Die Tenniswelt steht Kopf, seit Novak Djokovic, der serbische Superstar mit 24 Grand-Slam-Titeln, eine Klage gegen die führenden Organisationen des Sports eingereicht hat: die ATP, die WTA, die ITIA (Internationale Tennis-Integritätsagentur) und die ITF. Der Grund? Der Umgang mit dem Dopingfall von Jannik Sinner, dem aktuellen Weltranglistenersten, der im März 2024 positiv auf die verbotene Substanz Clostebol getestet wurde. Djokovic, der sich schon lange für Fairness im Tennis einsetzt, sieht in der milden Strafe für Sinner – eine Sperre von nur sechs Monaten, die bereits im Oktober 2024 endete – einen klaren Beweis für Doppelmoral. Seine Klage, eingereicht im März 2025, könnte die Machtstrukturen des Sports erschüttern.

Sinners Fall begann, als zwei positive Tests während Indian Wells 2024 bekannt wurden. Er erklärte, die Substanz sei durch eine versehentliche Kontamination über eine Salbe seines Physiotherapeuten in seinen Körper gelangt. Die ITIA akzeptierte diese Verteidigung und verhängte eine milde Strafe, obwohl Sinner während der Untersuchung weiterhin spielen durfte. Für viele, einschließlich Djokovic, stank das nach Bevorzugung. Der Serbe, der selbst 2016 wegen angeblicher Regelverstöße unter die Lupe genommen wurde, ohne je positiv getestet zu werden, vergleicht dies mit anderen Fällen. Spieler wie Marin Čilić oder Viktor Troicki erhielten härtere Strafen für weniger klare Verstöße – ein Unterschied, der Fragen aufwirft.
Djokovic hat seine Frustration nicht versteckt. „Es gibt keine Gleichheit“, sagte er in einem Interview nach seinem Sieg in Brisbane im Dezember 2024. „Manche Spieler werden geschützt, andere geopfert.“ Seine Klage fordert eine unabhängige Untersuchung der ITIA-Entscheidungen und eine Überarbeitung der Dopingrichtlinien. Er argumentiert, dass Topspieler wie Sinner, die als Aushängeschilder des Sports gelten, milder behandelt werden, um das Image des Tennis zu wahren. Dies steht im Gegensatz zu weniger prominenten Athleten, die oft härter bestraft werden, ohne dass ihre Fälle so viel Aufmerksamkeit erhalten.

Die Reaktionen sind gemischt. Sinner, der nach seiner Sperre bei den Australian Open 2025 triumphierte, verteidigte sich: „Ich habe nichts falsch gemacht, die Regeln wurden eingehalten.“ Doch Djokovic sieht das anders. Er verweist auf seine eigene Erfahrung während der COVID-19-Pandemie, als er 2022 von den Australian Open ausgeschlossen wurde, weil er ungeimpft war – eine Entscheidung, die er als politisch motiviert ansah. „Warum wurde ich damals nicht geschützt?“, fragte er rhetorisch. Für ihn ist Sinners Fall nur das jüngste Beispiel für ein System, das Favoriten bevorzugt.
Die Klage hat Wellen geschlagen. Rafael Nadal, ein langjähriger Rivale und Freund, unterstützte Djokovic vorsichtig: „Es muss Klarheit herrschen, für alle.“ Carlos Alcaraz hingegen hielt sich zurück und sagte nur: „Ich konzentriere mich auf mein Spiel.“ Die ATP und ITIA haben sich bisher bedeckt gehalten, lediglich erklärend, dass sie den Fall „prüfen“. Doch die Drohung eines Rechtsstreits von einem Spieler mit Djokovics Einfluss – über 180 Wochen als Weltranglistenerster und Millionen an Preisgeldern – könnte sie zwingen, Stellung zu beziehen.
Fans sind gespalten. Einige sehen in Djokovic einen Kämpfer für Gerechtigkeit, der ein marodes System herausfordert. Andere werfen ihm vor, den Sport aus persönlichem Groll zu destabilisieren. Seine Vergangenheit, einschließlich kontroverser Aussagen zu Impfungen und seiner Rolle im Adria-Tour-Skandal 2020, macht ihn zu einer polarisierenden Figur. Doch niemand bestreitet seinen Einfluss. Mit einem Nettovermögen von über 240 Millionen Dollar und einer loyalen Fangemeinde hat er die Mittel und die Plattform, diesen Kampf durchzuziehen.
Was bedeutet das für die Zukunft? Sollte Djokovic Erfolg haben, könnten strengere und transparentere Dopingregeln eingeführt werden. Ein Scheitern könnte jedoch seine Autorität schwächen und den Status quo zementieren. Für Sinner bleibt die Sache ein Makel, auch wenn er weiterhin siegt. Die Tenniswelt blickt gebannt auf die nächsten Entwicklungen – ein Showdown, der möglicherweise mehr Schlagzeilen macht als jeder Grand-Slam-Sieg.