Die Basketballwelt blickt oft über die Grenzen ihres Sports hinaus, um Inspiration zu finden, und Darko Rajakovic, der Cheftrainer der Toronto Raptors, hat einen ungewöhnlichen, aber faszinierenden Ansatz gewählt. In einem kürzlich geführten Interview enthüllte der serbische Coach, dass er sich von niemand Geringerem als Novak Djokovic inspirieren lässt – einem der größten Tennisspieler aller Zeiten. Rajakovic, der seit 2023 die Raptors leitet, ist überzeugt, dass Djokovics mentale Stärke und Herangehensweise an Herausforderungen genau das ist, was seine Spieler brauchen, um in der hochkompetitiven NBA eine Gewinnermentalität zu entwickeln.

Rajakovic ist kein Unbekannter, wenn es darum geht, unkonventionelle Wege zu gehen. Seit seinem Amtsantritt bei den Raptors hat er versucht, das Team nach dem Abgang von Stars wie Kawhi Leonard wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Die Saison 2024/25 begann vielversprechend, aber die Mannschaft kämpft noch darum, konstant an die Spitze der Eastern Conference heranzukommen. Für Rajakovic liegt der Schlüssel zum Erfolg nicht nur in Taktik oder körperlicher Fitness, sondern vor allem in der Psyche seiner Spieler. Und hier kommt Djokovic ins Spiel, den er als „wahrscheinlich einen der besten in der Geschichte“ beschreibt, wenn es um mentale Stärke geht.

„Novak Djokovic zeigt eine unglaubliche Fähigkeit, mit Höhen und Tiefen umzugehen,“ erklärte Rajakovic den Reportern. „Seine Art, das Spiel anzugehen, wie er sich durch schwierige Momente kämpft – egal ob die Menge ihn anfeuert oder gegen ihn ist – das ist etwas, das ich meinen Spielern vermitteln möchte.“ Der Trainer betonte, dass Djokovic nicht nur ein Champion auf dem Platz ist, sondern auch ein Meister darin, unter Druck ruhig zu bleiben und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Diese Eigenschaften sieht Rajakovic als entscheidend an, um in der NBA, wo Spiele oft in den letzten Sekunden entschieden werden, den Unterschied zu machen.

Djokovic, der mit 24 Grand-Slam-Titeln zu den erfolgreichsten Tennisspielern der Geschichte zählt, ist bekannt für seine unerschütterliche mentale Härte. Ob es darum geht, Rückschläge wie Verletzungen oder öffentliche Kontroversen zu überwinden – der Serbe hat immer wieder bewiesen, dass er sich nicht unterkriegen lässt. Rajakovic, selbst ein Landsmann Djokovics, scheint eine persönliche Verbindung zu dieser Mentalität zu haben. „In Serbien wachsen wir mit einer gewissen Zähigkeit auf,“ sagte er mit einem Lächeln. „Aber Novak hat das auf ein anderes Level gebracht. Er ist ein Vorbild, nicht nur für mich, sondern für jeden, der unter schwierigen Umständen gewinnen will.“

Wie genau setzt Rajakovic diese Inspiration in die Praxis um? Er erzählte, dass er seinen Spielern Videos von Djokovics Matches zeigt, insbesondere von Spielen, in denen der Tennisstar aussichtslos zurücklag und dennoch triumphierte – wie etwa sein epischer Sieg gegen Rafael Nadal im Finale der Australian Open 2012 oder sein Comeback gegen Roger Federer in Wimbledon 2019. „Ich sage ihnen: Schaut euch an, wie er sich fokussiert, wie er niemals aufgibt,“ erklärte Rajakovic. „Das ist keine Magie, das ist Arbeit an sich selbst. Und das können wir auch lernen.“

Die Raptors-Spieler scheinen empfänglich für diesen Ansatz zu sein. Pascal Siakam, einer der Führungsspieler des Teams, kommentierte: „Darko bringt eine andere Energie mit. Diese Djokovic-Sache klingt vielleicht komisch, aber wenn du dir ansiehst, wie dieser Typ kämpft, verstehst du, was er meint.“ Auch Scottie Barnes, der junge Star der Raptors, zeigte sich beeindruckt: „Es geht darum, mental stark zu sein, auch wenn alles gegen dich läuft. Das ist etwas, das wir in der NBA brauchen.“

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Tennis und Basketball. Djokovic steht allein auf dem Platz, während die Raptors ein Team sind, das aufeinander angewiesen ist. Doch Rajakovic sieht darin keinen Widerspruch. „Mentalität ist universell,“ argumentierte er. „Ob du alleine spielst oder mit zehn anderen – wenn du lernst, dich selbst zu pushen und an dich zu glauben, kannst du jedes Spiel wenden.“ Er fügte hinzu, dass er versucht, diese Lektion in die Teamdynamik zu integrieren, indem er seine Spieler ermutigt, sich gegenseitig zu unterstützen, genau wie Djokovic von seinem Team im Hintergrund profitiert.

Die Idee, einen Tennisspieler als Vorbild für ein Basketballteam zu nehmen, mag ungewöhnlich erscheinen, aber in der Welt des Sports sind solche Querverbindungen nicht neu. Phil Jackson, der legendäre NBA-Coach, ließ sich von Zen-Philosophie inspirieren, um die Chicago Bulls und Los Angeles Lakers zu Meistertiteln zu führen. Rajakovic scheint mit Djokovic eine ähnliche Quelle der Weisheit gefunden zu haben. Und die Ergebnisse? Die Raptors haben in dieser Saison bereits einige überraschende Siege eingefahren, darunter einen knappen Triumph über die Boston Celtics, bei dem sie trotz eines Rückstands im letzten Viertel zurückkamen – ein Spiel, das Rajakovic später als „Djokovic-Moment“ bezeichnete.

Kritiker könnten sagen, dass Rajakovic zu viel auf eine einzelne Figur setzt, doch der Trainer bleibt unbeeindruckt. „Ich suche überall nach Inspiration,“ sagte er. „Wenn ich sehe, wie Novak mit 37 Jahren immer noch die Besten der Welt schlägt, dann weiß ich, dass es keine Ausreden gibt.“ Für die Raptors, die nach Jahren der Mittelmäßigkeit wieder an die Spitze wollen, könnte diese Philosophie genau der Schub sein, den sie brauchen.

Ob Djokovics Einfluss die Raptors tatsächlich zu einem Titelkandidaten machen wird, bleibt abzuwarten. Aber eines ist sicher: Darko Rajakovic hat mit seiner Bewunderung für den Tennisstar eine neue Perspektive in die NBA gebracht – eine, die zeigt, dass wahre Größe nicht nur in der Technik, sondern auch im Kopf entsteht.